Montag, 9. Juli 2018

Alle meine Entchen

Bambule von Ulrike Meinhof


Manchmal habe ich das Gefühl der Film von Ulrike Meinhof kann sich nicht so recht entscheiden, ob er seine Figuren ernst nimmt oder sich andauernd über sie lustig macht. Vielleicht liegt es aber auch an der mitunder endlosen Aneinanderreihung übertriebener bzw. schlecht gespielter Szenen, die in ihrer Gestelztheit etwas anstrengend anzuschauen sind. Oft habe ich mich gefragt, ob wir hier auf einem außer Kontrolle geratenen Kindergeburtstag sind, auf dem alle Gäste sich in einem furchtbar nervigen und nicht aufhörenden Trotz gegenseitig überbieten wollen. Diese Art Trotz, der erbarmungslos lächerlich und albern wirkt, sodass man als Zuschauer kurz beschämt lächeln auf den Boden schaut.

Inmitten dieser Szenen, die es zu Hauf gibt in diesem Film, gibt es jedoch auch viele Momente von Klarheit - besonders beeindruckend etwa die Verfolgungsjagd eines jungen Mädchens in einem Kloster, wenn es vor den schlimmen Sanktionen der Nonnen durch die großen Gänge des Klosters und seiner leeren Kirche flieht. Ihr schrilles Schreien wird durch die hohen Wände der Kirche noch verstärkt und die schnellen Schnitte von ihr zu der schwarz-weiß vermummten Nonne, dem großen Jesus-Kreuz an der Wand und schlussendlich zum Abschneiden ihrer Haare als autoritäre Erziehungsmaßnahme verschaffen der Szene eine Schärfe, die so kaum ein zweites Mal im Film auftreten wird. Ebenfalls sehr stark an diesem Film ist die Verurteilung von Homosexualität unter den jungen Frauen, die in einem Heim untergebracht sind. Besonders auch an diesen Stellen wird die Wichtigkeit der Kirche als Instanz zum Einhalt einer gesellschaftlichen Norm und Tugend ersichtlich. Umso bedauerlicher, dass viele Darstellerinnen zu laienhaft spielen und oftmals nicht ernst zu nehmen sind, auch und vor allem, weil mir ihre penetrant trotzige Art so sehr auf die Nerven fällt, dass ich mich teilweise kaum auf ihre, sondern auf die Seite der autoritären Erzieherinnen und Lehrer stellen mag, die im Vergleich dazu oft eher hilflos und bemitleidenswert als wirklich streng wirken. Schön ist, dass der Film eine, wenn auch manchmal unfreiwillige, Komik enthält und den Zuschauer durch seine schnellen Szenenwechsel recht gut bei Laune hält. Es ist ein Film, der das Rebellieren gegen Autoritätspersonen, gegen Eltern, Lehrer und Erzieher, zum Thema hat und der wohl schlecht loszulösen ist von seiner Regisseurin Ulrike Meinhof.

Wenn am Ende des Films von der einen Hauptdarstellerin gesagt wird, sie wünscht sich, dass diese Lehrerinnen, die sie einsperren, wenn sie mal wieder geraucht oder den Unterricht gestört hat, eigentlich auch alle eingesperrt gehören, damit sie mal sehen, wie das so ist, was sie mit ihnen machen, schwingt beim Zuschauer ein leichtes, seltsames Unbehagen mit, erinnert es doch ungut an den weiteren Werdegang Ulrike Meinhofs, dessen Fanatismus und Brutalität hier man schon glaubt aufscheinen zu sehen. Natürlich ist diese Assoziation auch das Dilemma des zu viel Wissens über Meinhof. Wüsste ich nicht, dass die Regisseurin im Laufe ihres Lebens zur Antisemitin und Terroristin bei gleichzeitigem Hass auf die elterliche Tätergeneration der NS-Zeit wird, ich würde dieser letzten Szene nicht diese Bedeutung beimessen. So scheint jedoch das Bedürfnis Strafen an Autoritäten selbst autoritär zu verhängen durch die scheinbar jugendliche Harmlosigkeit allzu stark durch und begleitet einen in die Nacht hinaus, auf dem Weg nach Hause.

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