Bambule von Ulrike Meinhof
Manchmal habe ich das Gefühl der Film von Ulrike Meinhof kann sich nicht
so recht entscheiden, ob er seine Figuren ernst nimmt oder sich
andauernd über sie lustig macht. Vielleicht liegt es aber auch an der
mitunder endlosen Aneinanderreihung übertriebener bzw. schlecht
gespielter Szenen, die in ihrer Gestelztheit etwas anstrengend
anzuschauen sind. Oft habe ich mich gefragt, ob wir hier auf einem außer
Kontrolle geratenen Kindergeburtstag sind, auf dem alle Gäste sich in
einem furchtbar nervigen und nicht aufhörenden Trotz gegenseitig
überbieten wollen. Diese Art Trotz, der erbarmungslos
lächerlich und albern wirkt, sodass man als Zuschauer kurz beschämt
lächeln auf den Boden schaut.
Inmitten dieser Szenen, die es zu Hauf
gibt in diesem Film, gibt es jedoch auch viele Momente von Klarheit -
besonders beeindruckend etwa die Verfolgungsjagd eines jungen Mädchens
in einem Kloster, wenn es vor den schlimmen Sanktionen der Nonnen durch
die großen Gänge des Klosters und seiner leeren Kirche flieht. Ihr
schrilles Schreien wird durch die hohen Wände der Kirche noch
verstärkt und die schnellen Schnitte von ihr zu der schwarz-weiß
vermummten Nonne, dem großen Jesus-Kreuz an der Wand und schlussendlich
zum Abschneiden ihrer Haare als autoritäre Erziehungsmaßnahme
verschaffen der Szene eine Schärfe, die so kaum ein zweites Mal im Film
auftreten wird. Ebenfalls sehr stark an diesem Film ist die Verurteilung
von Homosexualität unter den jungen Frauen, die in einem Heim
untergebracht sind. Besonders auch an diesen Stellen wird die
Wichtigkeit der Kirche als Instanz zum Einhalt einer gesellschaftlichen
Norm und Tugend ersichtlich. Umso bedauerlicher, dass viele
Darstellerinnen zu laienhaft spielen und oftmals nicht ernst zu nehmen
sind, auch und vor allem, weil mir ihre penetrant trotzige Art so sehr
auf die Nerven fällt, dass ich mich teilweise kaum auf ihre, sondern auf
die Seite der autoritären Erzieherinnen und Lehrer stellen mag, die im
Vergleich dazu oft eher hilflos und bemitleidenswert als wirklich streng wirken. Schön ist, dass der Film eine, wenn auch manchmal
unfreiwillige, Komik enthält und den Zuschauer durch seine schnellen
Szenenwechsel recht gut bei Laune hält. Es ist ein Film, der das
Rebellieren gegen Autoritätspersonen, gegen Eltern, Lehrer und Erzieher,
zum Thema hat und der wohl schlecht loszulösen ist von seiner
Regisseurin Ulrike Meinhof.
Wenn am Ende des Films von der einen
Hauptdarstellerin gesagt wird, sie wünscht sich, dass diese Lehrerinnen,
die sie einsperren, wenn sie mal wieder geraucht oder den Unterricht
gestört hat, eigentlich auch alle eingesperrt gehören, damit sie mal
sehen, wie das so ist, was sie mit ihnen machen, schwingt beim Zuschauer
ein leichtes, seltsames Unbehagen mit, erinnert es doch ungut an den
weiteren Werdegang Ulrike Meinhofs, dessen Fanatismus und Brutalität
hier man schon glaubt aufscheinen zu sehen. Natürlich ist diese
Assoziation auch das Dilemma des zu viel Wissens über Meinhof. Wüsste
ich nicht, dass die Regisseurin im Laufe ihres Lebens zur Antisemitin
und Terroristin bei gleichzeitigem Hass auf die elterliche
Tätergeneration der NS-Zeit wird, ich würde dieser letzten Szene nicht
diese Bedeutung beimessen. So scheint jedoch das Bedürfnis Strafen an
Autoritäten selbst autoritär zu verhängen durch die scheinbar
jugendliche Harmlosigkeit allzu stark durch und begleitet einen in die Nacht hinaus, auf dem Weg nach Hause.
Montag, 9. Juli 2018
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