Dienstag, 4. Juli 2017

Leinen, Wald und Licht

The Beguiled von Sofia Coppola


Auf manche neuen Filme freut man sich mehr als auf andere. Vielleicht, weil besondere Schauspielerinnen mitspielen, die man sehr mag und die man lange nicht mehr auf der großen Leinwand gesehen hat. Oder auch, weil die Regisseurin geschätzt wird. Auch kann von Bedeutung sein, dass jene Schauspieler oder diese Regisseure einen schon das halbe Leben lang begleiten und sie einem von daher sehr nahe sind und mit seltsam vielen persönlichen Erinnerungen verknüpft sind.

Auf den neuen Film von Sofia Coppola, den ich gerade im Kino sah, trifft all dies zu. Es spielen unter anderem Nicole Kidman und Kirsten Dunst mit, des Weiteren Colin Farrell und Elle Fanning. Ein sehr schönes und interessantes Casting also und glücklicherweise hält der Film, was er an Träumen und Erwartungen in meinem Kopf zuvor ausgelöst hat. Sofia Coppola ist besonders gut darin Stimmungen zu erzeugen und Frauen auf eine sehr zarte und behutsame Weise zu inszenieren. So auch in diesem Fall. In vielen Momenten hat mich dieser Film an Peter Weirs »Picknick at Hanging Rock« erinnert, der allerdings weitaus weniger offensichtlich ist und dem Zuschauer mehr Rätsel als Auflösungen schenkt. In beiden Filmen laufen Nuancen verschiedenster Weiß- und Beigetöne durchs Bild, in der Gestalt von langen Frauenkleidern in schlichten, aber anmutigen Farben, die sich mit ihrer Behutsamen Helligkeit von der dunkleren Natur abzeichnen. Auch hat das Außen und die Natur in beiden Filmen eine wichtige Wirkung – wenn auch in Weirs Film eine weitaus fatalere und autonomere. Dass ist es auch, was Peter Weirs Film dem von Coppola voraus hat: Seine unheimliche Ambiguität. Dennoch: der neue Film von Coppola transportiert in vielen kleinen Szenen Wunderbares. 

Ein Film der Blicke und kleinen Bewegungen, der es mit großer Unaufdringlichkeit schafft eine flirrende Atmosphäre des Begehrens zu erschaffen. Das Licht mit seiner zurückhaltenden Dominanz von nebelhaften Sonnenstrahlen und Kerzenschein tut sein übriges um diesen Eindruck zu verstärken. Schon lange empfand ich das Licht in einem Film nicht mehr so sinnlich, wie in diesem. Es erinnert mich an Barry Lyndon von Stanley Kubrick, der mit nichts Weiterem als eben jenem Kerzen- und Tageslicht ausgeleuchtet wurde. Besonders sind auch die vielen Standbilder und Aufnahmen von alten Bäumen, im Garten des herrschaftlichen Hauses und im nahegelegenen Wald. Vielleicht hätte ich mir den Film noch ein wenig länger gewünscht, mit einer noch etwas langsameren Entwicklung. Ganz entschieden habe ich mich noch nicht, ob ich genau sagen kann wer von den Parteien in diesem Film gewonnen hat und ob es diese klare Grenze zwischen den Frauen und dem einen Mann überhaupt zu ziehen gilt. Auch schwanke ich zwischen Verurteilung und Belustigung, denke ich an diese großartige Szene, in der sich alle Frauen beeilen dem neuen Mann im Haus beim ersten gemeinsamen Essen zu gefallen. Natürlich ist es schmerzhaft zu sehen, wie sie sich dabei verlieren, zugleich ist es aber auch auf eine sehr lustige und verständnisvolle Weise inszeniert, das man nicht anders kann als wissend zu schmunzeln.

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